Das Löwenaquamanile direkt nach dem Guss. Das Aquamanile ist unbearbeitet!
Ein Löwenaquamanile aus der Romanike, sowei weitere Aquamanile hatte ich bereits modelliert und gegossen, aber das Thema lässt mich nicht mehr los. Hier ist also der nächste in der Familie, und er wird nicht der letzte sein. Es fehlen z.B. noch Senmurph, Drache und Einhorn…
Warum dieses Löwenaquamanile
Dieses Löwenaquamanile ist besonders, weil er eine seltene und auffällige seitliche Drehung des Kopfes zur Seite besitzt. Außerdem ist das „typische Programm“, bei dem der Wyvern – der zweibeinige, geflügelte Drachen – nicht dem Löwen ins Genick beißt, sondern umgekehrt: Der Löwe dem Drachen ins Genick! Vielleicht muss der Löwe deshalb so grinsen, weil er dem Plagegeist Herr geworden ist..
Metalllegierung
Die Metalllegierung habe ich entsprechende der des Originals hergestellt. . Es handelt sich um eine Legierung mit vier Hauptbestandteilen, nach ihrem Anteil in absteigenden Massenanteilen sind dies Kupfer, Zink, Zinn und Blei.
Diese wird von den Kollegen, wie z.B. Dandrigde als „quarternary alloy“ bezeichnet. In vorliegenden Falle besitzt dieses Löwenaquamanile die folgende Zusammensetzung in Masse-%:
Cu
Zn
Sn
Pb
81,3
9,0
4,7
3,5
Diese Legierung wäre nach heutiger Terminologie eine bleihaltige Rotgusslegierung, für die es allerdings kein modernes Pendant gibt. Aufgrund ihrer Gehalte an Zink und Zinn ist diese gut gießbar, da die Zinn- und Zinkionen im Kristallgitter die gleichen Plätze einnehmen. Das Blei verbessert die spanbrechenden Eigenschaften, so dass sich diese Kupferlegierung gut bearbeiten lässt. Der Bleianteil verbessert die Dichtigkeit des Gefüges, was bei einem Wassergefäß durchaus erwünscht ist. Der Bleianteil hat einen negativen Effekt auf die Umformbarkeit des Gussstücks – Bleche lassen sich hieraus nicht fertigen – dies ist aber in diesem Anwendungsfall auch nicht gefragt.
Zweifellos waren hier Handwerker am beteiligt, die genau wussten, was sie taten, denn diese Legierung hat genau die Eigenschaften die sie benötigt.
Bienenwachsmodell eines Löwenaquamaniles nach einem Vorbild aus dem 13.Jahrhundert
Das Löwenaquamanile wurde in Handarbeit aus Bienenwachs modelliert. Dies hat in etwa 10 volle Arbeitstage in Anspruch genommen. Dies ist nicht als Hinweis zu deuten, dass dies in der Vergangenheit ähnlich lange gedauert hat. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass das Modellieren schneller von statten ging. Die Handwerker konnten frei modellieren, und mussten keine genaue Kopie eines vorhandenen Objekts herstellen! Die Detailarbeiten beanspruchen den größeren Teil der Arbeitszeit.
In den nächsten Wochen werde ich die Oberfläche des Löwenaquamaniles bearbeiten und den Forstschritt hier in Wort und Bild dokumentieren. Spannend dürften dabei die Arbeiten werden, die sich mit dem Verschließen, der diversen gusstechnisch bedingten Öffnungen befassen, denn ein WIG Schweißgerät stand dem mittelalterlichen Handwerker nicht zur Verfügung…
Barnet, P. and Dandridge, P. (eds) (2006) Lions, dragons, & other beasts: aquamanilia of the Middle Ages, vessels for church and table. New Haven: Yale University Press.
Die Bienenkorbglocke für den Campus Galli ist erfolgreich gegossen. –Drei Anläufe waren notwendig eine vollständige Glocke zu gießen. Nun ist am 28.4.2018 zum ersten Mal seit hunderten von Jahren eine Bienenkorbglocke nach den Vorschriften des Theophilus Presbyter erfolgreich gegossen worden. Der Klang ist bereits jetzt – obgleich die Glocke noch nicht bearbeitet ist – atemberaubend und zeigt den für Bienenkorbglocken typischen, herben Klang. – Ich bin begeistert! Die Glocke von Canino ist nun nicht nur in ihrer Form und Gestalt, sondern auch in ihrer Herstellungsweise kompromisslos nach der vorzüglichen mittelalterlichen Handschrift des Theophilus Presbyter gefertigt worden . Die Glockengussexperimente auf dem Campus Galli sind damit endlich zu einem vorläufigen glücklichen Ende gekommen. Die Glocke kann noch bis Pfingsten auf dem Campus Galli als Rohguss betrachtet werden. Danach wird sie bearbeitet und auf dem Campus installiert.-
Angewandte Archäometallurgie: Der Henkel der vollständigen Bienenkorbglocke von Gussexperiment Nr. 3 im Jahr 2018.
Die Bienenkorbglocke
Die Bienenkorbglocke richtet sich in ihrer Form nach der ältesten bekannten gegossenen Bronzeglocke: Der Glocke von Canino.- Sie hat einen Durchmesser von 39 cm am Schlagring und wiegt 44 kg. Man beachte die dreieckigen Schall- oder Klanglöcher dieser Glocke aus dem 8./9. Jahrhundert. Auch Theophilus beschreibt diese noch im 12. Jahrhundert. Nach der einhelligen Meinung der Campanlogen tragen diese allerdings nicht zum Schall bei.
Zeichnung der Glocke von Canino in der Erstpublikation dieses Fundes [zotpressInText item="{4ICDYHGU}"].
Bienenkorbglockenguss im Mittelalter ist nur gemeinschaftlich zu schaffen
Neben vielen technischen Details auf die zu einem späteren Zeitpunkt noch eingegangen werden wird, ist das wohl wichtigste Fazit, dass ein großes und gut aufeinander eingespieltes Team vonnöten ist und den Guss erfolgreich zu meistern. Dies ist uns dieses Jahr in besonders guter Weise gelungen. Dies lässt auch ein paar Schlüsse für die Vergangenheit zu, denn es ist gute Kommunikation notwendig um den gesamten Prozess erfolgreich umzusetzen.
Einige Wermutstropfen bleiben dennoch
Zwar ist die Glocke vollständig, aber die zu untersuchenden Eigenschaften des Formlehms habe auch zu unerwünschten Effekten geführt. Zum einen wurde dieses Mal nur eine schlechtere Gussoberflächenqualität erreicht, zum anderen kam es erstmalig zum Bruch der Form. Durch die Verdämmung und besonnenes Handeln während des Gusses konnte die Glocke gerettet, werden, obwohl die Form unterhalb des Henkels gebrochen ist. Dennoch hat dies einen negativen Einfluss auf den Henkel gehabt, was im Bild ganz oben gut erkennbar ist.
Ausblick
Die nächste Glocke die ich auf diese Weise gießen werde ist die Glocke von Hachen. Diese ist heute im Glockenmuseum Grassmayr zu sehen, die ich aufgrund des überaus freundlichen Entgegenkommens von Seiten Johannes Grassmayrs im dortigen Museum vermessen darf. In diesem Versuch werden neben bewährten Lehmrezepturen, weitere Feinheiten des Formbrandes, sowie der Schmelzführung untersucht werden.
Die Zapfenmacher gehörten zu den Rotschmieden. Hier geht es um die recht einfache Frage, wie das konische Loch des Zapfhahns bearbeitet wurde. Obwohl man das natürlich komplett manuell machen kann, wie ich das in den Kurzdokus gezeigt hatte, ist es höchst unwahrscheinlich, dass dies beispielsweise bei den Nürnberger Rotschmieden oder Zapfenmachern auch tatsächlich so gemacht wurde. Denn das Einschleifen der Küken in den Hahn erfordert selbst bei guter Passgenauigkeit beim Guss einige Stunden. Selbstverständlich ist es nicht der zeitliche Aufwand, der mich veranlasst hat, das Einschleifen des Kükens genauer zu untersuchen. Es sind diese Abbildungen in den Nürnberger Hausbücher der Zwölfbrüderstiftung und in Christoph Weigels Ständebuch .
Zapfenmacher Hans Zeuller
Rotschmied Hans Zeuller mit einer Konusreibahle. Quelle: Wikimedia Commons
Gut zu erkennen ist das Werkzeug mit dem Hans Zeuller die Innenseite des Zapfhahns bearbeitet. Es ist anzunehmen, dass es sich um eine Art konischer Reibahle handelt; also einem Werkzeug, Continue reading
Im neuesten Anschnitt ist soeben ein Artikel zur experimentellen Glockengießerei nach Theophilus Presbyters Glockengusskapitel erschienen .
Der Artikel behandelt neben der Beschreibung des archäometallurgischen Versuchs auch die archäologischen und historischen Quellen zur Glockengießerei. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Rekonstruktion des Formstoffs, sowie der Rekonstruktion eines von Theophilus Presbyters beschriebenen Schmelzofen, der nach dem Kaminprinzip arbeitet. Überlegungen und Berechnungen zum Energiebedarf runden den Artikel ab. Es konnte z.B. gezeigt werden, dass mit Theophilus‘ Ofen eine Metallmenge von 44 kg Glockenspeise (CuSn20) mit nur 36 kg Holzkohle schmelzen ließ.
Abstract
Der Autor Theophilus Presbyter hat uns ein sehr umfangreiches Manuskript hinterlassen in welchen er den Stand der Technik des 12. Jahrhunderts dokumentiert. Er behandelt darin Malerei, Glasherstellung, Goldschmiedekunst, Schmieden, Orgelbau und die Gießerei. Außerdem wird beschrieben, welche Werkzeuge notwendig und wie diese herzustellen sind.
Ein Kapitel ist dem Glockenguss gewidmet. Es ist das umfangreichste in Theophilus‘ Schedula und beschreibt den Prozess sehr detailliert. Dieser Artikel beschreibt einen Versuch zum Glockenguss, der sich an die Vorschriften aus Theophilus Presbyters gleichnamigen Kapitel hält und dabei die archäologischen Funde und Befunde zum frühen Glockenguss berücksichtigt.
Dülmen, IGZ. Glockengussgrube während der Freilegung noch mit Profilstegen. Foto: Gerard Jentgens, LWL.
Vermutlich älteste Glockengussgrube Deutschlands
Archäologen vom Landschaftsverband Westphalen Lippe LWL haben bei einer Stadtkerngrabung in Dülmen Befunde entdeckt, bei denen es sich um eine Gießgrube für einen Glockenguss aus dem 9. Jahrhundert handeln könnte. Naturwissenschaftliche Untersuchen legen eine Datierung der Glockengussgrube in das 8./9, Jahrhundert nach Christus nahe. Solche Gruben sind notwending um große Gegenstände zu gießen. Wie man sich den karolingischen Glockenguss vorstellen kann habe ich ja erst kürzlich hier beschrieben. Um so mehr freut es mich, dass es nun offensichtlich einen neuen Befund zum frühen Glockenguss gibt. Ob es sich bei dem Befund tatsächlich um eine Glockengussgrube handelt, geht aus dem kurzen Bericht jedoch nicht zwingend hervor, denn es gibt keine Belege für Fragmente einer Glockengussform. Es ließe sich argumentieren, das es sich um eine Gießgrube handeln könnte, in der andere Dinge gegossen wurden, obwohl gesagt werden muss, dass die größten gegossenen Objekte des 8./9. Jahrhunderts wohl Glocken gewesen sein dürften. Für kleinere Gussarbeiten benötigte man keine größeren Gruben.
Laut Grabungsleiter Dr. Gerard Jentgens sind Holzkohlenreste, Tiegelfragmente und oxidierte Buntmetallreste gefunden worden, die den Schluss nahe legen, dass es sich um eine Grube zum Glockenguss handeln könnte. Die Nennung der Tiegelreste ist hoch interessant, denn in dieser Zeit gibt es noch keine Nachweise für die Art und Weise, wie das Metall geschmolzen wurde. Für das 12. Jahrhundert kennen wir Theophilus Presbyters Beschreibung . Dieser beschreibt aber einen Abstichofen, keinen Tiegelofen. In Ermangelung älterer Nachweise haben wir bisher so argumentiert, dass Theophilus eine Technik beschreibe, die auch schon vor seiner Zeit zur Anwendung kam. Weiters wird bisher davon ausgegangen, dass die Tiegelmaterialien keine genügenden Tiegelgrößen zu ließen, um das Metall für eine Kirchenglocke des 8./9. Jahrhunderts zu gießen. Die Glocke von Canino wog 48 kg, die Glocke aus Haithabu um die 35 kg.
Das entspräche einer Tiegelgröße mit einem Fassungsvermögen von mindestens 40 kg Metall. Zur Erinnerung: 40 kg Metall entsprechen in etwa 4 l flüssigem Metall, was mindestens einem Tiegeldurchmesser von etwa 22 cm Außendurchmesser und einer Höhe von 28 cm entspräche. Möglich wäre natürlich auch der Weg den ich in meinem Versuch eingeschlagen habe: Das Gießen aus mehreren kleinen Tiegeln. Es ist also sehr spannend, wie die Tiegel zu diesem Befund aussehen, wie die Keramikreste aussehen, oder welche weiteren, in er Pressemitteilung nicht genannten, Beobachtungen zu dem Schluss führten, dass es sich um eine Glockengussgrube handelt.
Ein ähnlich alter Befund stammt aus England und wurden on Justine Bayley und Kollegen bearbeitet . Hier war allerdings der Nachweis des Glockengusses einfacher, da Formfragmente gefunden wurden.
Ich werde hier berichten, soweit weitere Details vorliegen.
Brepohl, E. (1999) Theophilus Presbyter und das mittelalterliche Kunsthandwerk. Band 2 Goldschmiedekunst. Böhlau.
Bayley, J., Bryant, R. and Heighway, C. (1993) ‘A tenth-century bell-pit and bell-mould from St Oswald’s Priory, Gloucester’, Medieval Archaeology, 37, pp. 224--236.
Die Glocke nach dem Guss. Sie klingt, aber sie ist unvollständig. Die hellen Stellen sind Reste des noch anhaftenden Formmaterials.
Der Klang der Glocke entspricht den Erwartungen an eine Bienenkorbglocke des 9. Jahrhunderts, und zeigt dass der Gießer weniger Einfluss auf den Klang der Glocke hatte, als das der Fall für die späteren Glocken mit Zuckerhutform der Fall ist. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass die Glocke noch im ungeputzten Zustand angeschlagen wurde. Mit Sicherheit können wir noch einen etwas schöneren Klang erreichen, wenn die Glocke geputzt ist. Sowie ich das erledigt habe, werde ich das hier veröffentlichen.
Die Glocke ist gegossen
Lange hat es gedauert bis es soweit war. Ich habe die vorhergehenden Schritte hier und hier und hier beschrieben. Noch genauer habe ich das hier beschrieben . Am Montag, den 19.10.15, nach zwei Nachtschichten die ich mit dem Hüten des Feuers verbracht hatte, war es soweit: Die Glockengussform war trocken, das Metall war bereit gelegt und das Wetter schien mit zu spielen: Die Bienenkorbglocke konnte auf dem Campus Galli gegossen werden. Gegen 6.00 morgens machte ich mich daran den Arbeitstag vorzubereiten: Der Schmelzofen musste vorgeheizt werden, die Glockenform musste am unteren Ende noch verschlossen werden, die Tiegel mussten vor der Verwendung ausgeheizt werden, die Grube mit Erde aufgefüllt werden….