Gießerei | archaeometallurgie.de
Jul 10 2015

Bienenkorbglocke, was bisher geschah

Bastian Asmus

Große Drehlade zum Formen von Glocken

Es dauert so lange, wie es dauert

Vor einiger Zeit verbrachte ich einige Tage auf dem Gelände des Campus Galli bei Meßkirch, um eine Bienenkorbglocke zu gießen. Am Wochenende vom 27./28. Juni ist der Gusskern fertig geworden. Entgegen des gesetzten Zieles, konnte an jenem Sonntag nicht Glocke gegossen werden. Zum einen brach mir der Gusskern am zweiten Abend auseinander, zum anderen war mein Zeitplan sehr ehrgeizig. Gründe genug also, sich dem Wahlspruch der Kollegen des Campus Galli zu eigen zu machen: Es dauert so lange, wie es dauert!

Meine Erfahrung des gebrochenen Kerns lassen indirekt auch in der schedula diversarum artium des Benediktiners Theophilus Presbyter zum Glockenguss nach lesen .

Theophilus Presbyter De fundendis camapanis

Ausschnitt aus Theophilus Presbyters de diversis artibus, Harley MS 3915. Hier sehen wir Theophilus Warnung die Lehmschichten trocknen zu lassen, bevor eine neue aufgetragen wird.

Quo facto, sume ipsum lignum et circumpone ei argillam fortiter maceratam, inprimis duobus digitis spissam, qua diligenter siccata, suppone ei alteram, sicque facies donec forma compleatur quantam eam habere volueris, et cave ne unquam superponas argillam alteri nisi inferior omnino sicca fuerit.

Ist das getan,  nimm die Holzspindel und umgib sie mit kräftig durchgeknetetem Ton, zunächst von 2 Finger Dicke. Ist dieser sorgfältig getrocknet, lege den nächsten darüber, und so mache es bis die From fertig ist, so groß wie du sie haben willst. Und achte darauf, dass Du niemals eine Tonlage auf die andere aufträgst, ehe die darunterliegende vollständig getrocknet ist.

Seiner eindrücklichen Warnung folgt zwar keine Nennung einer Konsequenz, jedoch ist anzunehmen, dass den damaligen Handwerkern ähnliche Missgeschicke passiert sind: Befolgt man die Anweisung nicht – etwa um einen ehrgeizigen Zeitplan einhalten zu wollen – passiert das was mir passiert ist: Der (zu) feuchte Tonkern bricht aus einander. Warum ist das so? Continue reading


Jun 5 2015

Guss einer Bienenkorbglocke

Bastian Asmus

Am Wochenende  27./28. Juni 2015 werde ich im Campus Galli Projekt eine bronzene rekonstruierte mittelalterliche Bienenkorbglocke gießen. Das Ziel der Rekonstruktion ist der Guss einer funktionierenden Glocke, wobei nur authentische Arbeitstechniken zum Einsatz kommen. Dies gilt sowohl für die Herstellung des Glockenmodells, der Gussform, als auch für das Schmelzen und Gießen des Glockenmetalls.

Bienkorbgocke, auch Theophilusglocke genannt aus dem 11. Jahrhundert. Diese stammt aus Hachem.

Eine Bienenkorbglocke aus dem 11. Jahrhundert ist diese Bienenkorbglocke aus Hachen. Quelle: Verändertes Photo von Vincent Duseigne via Wikimedia Commons.

Das Campus Galli Projekt hat sich die Rekonstruktion des St. Gallener Klosterplans aus dem neunten Jahrhundert zum Ziel gemacht. Die drei Bienenkorbglocken die zunächst für eine Rekonstruktion in Frage kommen, sind die Glocken von Canino in Oberitalien, die Glocke aus Haithabu, sowie die Glocke von Hachen. Bei diesen Glocken handelt es sich um Glocken deren Form an einen Bienenkorb erinnert. Da die Technik des Glockengusses vom Benediktinermönch Theophilus Presbyter zu Beginn des 12. Jahrhunderts beschrieben wurde, werden diese Glocken auch Theophilusglocken genannt. Der Vergleich der Glocken mit der Beschreibung des Mönchs, lässt den Schluss zu, dass dieser eine lebendige Tradition beschrieb, die mindestens bis in das 9. Jahrhundert, vermutlich aber noch weiter, zurückreicht. Bemerkenswert sind z.B. die dreieckigen Löcher, die sich auch an der Glocke aus Hachen befinden, hier aber nur angedeutet sind. Theophilus war der Meinung, dass es sich dabei um Klanglöcher handele. Moderne Versuche von Hans Drescher haben ergeben, dass dies nicht der Fall ist, und die Löcher nicht zum Klang beitragen . Continue reading


Mai 22 2015

Aristoteles und Phyllis Aquamanile

Bastian Asmus
Aristoteles und Phyllis, Aristotle and Phyllis, Lai d'aristote

Aristoteles und Phyllis Aquamanile, 2015 von Bastian Asmus nach einem niederländischem Original aus dem 15. Jahrhundert.

Aristoteles und Phyllis Maltererteppich

Aristoteles und Phyllis in einem Ausschnitt aus dem Maltererteppich. heute im Augustinermuseum Freiburg. Quelle: Wikimedia Commons.

Das mittelhochdeutsche Märe um Aristoteles und Phyllis entstand wohl im 13. Jahrhundert am Oberrhein zwischen Basel und Strassburg. Dieses Märe war ein beliebtes Motiv und findet sich nicht nur in plastischen Werken, sondern auch in Teppichen und Zeichnungen. König Philipp von Mazedonien lässt seinen Sohn Alexander, später der Große genannt, von Aristoteles erziehen. Der junge Alexander, unsterblich in die schöne Phyllis verliebt, wird von seinem Lehrmeister für seine geistige Abwesenheit gescholten und vor den Gefahren der Liebe gewarnt. Aristoteles erreicht die Trennung der Liebenden durch Intervention beim König. Auf Rache sinnend verführt Phyllis Aristoteles und verlangt als Preis für ihre Liebe, dass sie auf seinem Rücken im Garten umher reiten dürfe. Hierbei wird Aristoteles von der Königin entdeckt und fällt der Schmach und Schande anheim, da er seinen eigenem Ansprüchen nicht genügen kann. Er wird verbannt und sinnt daraufhin über die Schlechtigkeit der Welt nach.

aristoteles und Phyllism Hausbuchmeister

Aristoteles und Phyllis. Hausbuchmeister 15. Jahrhundert. Quelle: Wikimedia Commons.

Zur Herstellungstechnik des Aquamanilen: Dieses Aquamanile wurde aus Bronze im Wachsausschmelzverfahren gegossen. Dazu wurde ein Modell aus Bienenwachs modelliert. Das hier abgebildete Aquamanile ist eine Nachschöpfung und steht heute im Europäischen Hansemuseum in Lübeck.


Mai 22 2015

Ritter Aquamanile

Bastian Asmus

Ritter Aquamanile

Neben den Löwen und Greifen Aquamanile gab es weitere Formen von Aquamanilen. Eine große Gruppe bildeten die Reiter oder Ritter Aquamanilen . Einer dieser Ritter Aquamanilen entstand Anfang 2015 neu in meiner Werkstatt und das originale Stück aus dem 13. Jahrhundert  stellt eine beeindruckende Leistung der mittelalterliche Gießkunst dar. Zur aufwendigen Gestaltung, die ein Ritter auf einem Pferd darstellt, kommen noch die völlig freistehenden Arme und Beine, sowie die Steigbügelhalter hinzu! Besondere Beachtung verdient aber das Zaumzeug, das teils unter 2mm Materialstärke aufweist.

Wie auch das Greifen Aquamanile kann es im neu gegründeten Europäischen Hansemuseum betrachtet werden.

Ritter Aquamanile

Das Aquamanile entstand Anfang 2015 in der Werkstatt von Bastian Asmus. Es wurde aus Bienenwachs modelliert und im Wachsausschmelzverfahren aus Bronze gegossen. Es ist eine originalgetreue Neuschöpfung eines Ritter Aquamaniles aus dem 13. Jahrhundert.

 Literatur

Falke, O. von and Meyer, E. (1935) Romanische Leuchter und Gefässe, Giessgefässe der Gotik. Berlin, Heidelberg: Univ.-Bibl., Dt. Verl. für Kunstwiss. (Sonstige kunstwissenschaftliche Literatur).

Mai 21 2015

Greifen Aquamanile

Bastian Asmus

Greifen Aquamanile

Dieses Greifen Aquamanile ist Anfang 2015 entstanden und kann ab dem 30. Mai 2015 im neu gegründeten Europäischen Hansemuseum betrachtet werden. Hierfür wurde der Greif von Ragna Asmus modelliert- Das Greifen Aquamanile hat ein Nürnberger Aquamanile aus dem 15. Jahrhundert zum Vorbild und ist heute im Metropolitan Museum New York zu sehen. Somit ist es erheblich jünger als das Löwen Aquamanile, das ich vor zwei Jahren modelliert habe. Continue reading


Apr 16 2013

Löwen Aquamanile

Bastian Asmus

Portrait eines bronzenen Löwen Aquamaniles

Dieses Aquamanile aus Bronze hat das Aquamanile des Halberstädter Domschatzes zum Vorbild und ist heute noch als einer der wenigen Aquamanilien im ursprünglichen Funktionszusammenhang erhalten geblieben . Aquamanile, zuweilen auch als Aquaemanale, Aquimanile, Aquamanilia bezeichnet, setzt sich aus den lateinischen Worten aqua, für Wasser und manus, die Hand zusammen. Der Begriff wurde im Mittelalter vorrangig für das Auffangbecken des Wassers verwendet, das eigentliche Gießgefäß wurde in der Regel als  urceus, also lateinisch für Krug, bezeichnet . Aquamanile dienten der rituellen Handwaschung der Priester vor der Messe. Die Sitte der Handwaschung war aber nicht auf den liturgischen Gebrauch beschränkt. In Haushalten mit hohem sozialen Status ist der Gebrauch von Aquamanilien ebenfalls anzutreffen gewesen. Diese unterschieden sich zum Teil in ihren Motiven. Während beispielsweise Greif und Löwe in der Liturgie Anwendung fanden, kamen Reiter (Ritter) oder das bekannte Aristoteles und Phyllis Aquamanile an gehobenen Tafeln zum Einsatz.

Lion aquamanile

Detailaufnahme der Mähne des Aquamanilen

Im letzten Monat habe ich ein Aquamanile des 13. Jahrhunderts modelliert und in der Gießereiwerkstatt in Bronze gegossen. Da das Löwenaquamanile im Wachsausschmelzverfahren nach der verlorenen Form gegossen wurde, musste ein Wachsmodell modelliert werden. Dieses wurde, wie es der Benedektiner Mönch und Goldschmied Theophilus Presbyter beschrieben hatte, über einen Kern aus Lehm hergestellt.

Dazu wurden Wachsplatten hergestellt und im warmen Zustand an den Kern angelegt. Auch dies schildert Theophilus. Es wäre auch möglich gewesen eine Wachsschicht durch wiederholtes Tauchen zu erzeugen. Allerdings ist diese Methode in den Schriftquellen nicht erwähnt. Nach dem Aufbringen der Wachsschicht wurden die Details des Löwen modelliert und mit einer feinen Verzierung bedacht, wie z.B. an der Mähne.

Löwen aquamanile

Portraitaufnahme des Aquamanilen

Das Aquamanile wiegt 4.9 kg und hat ein Fassungsvermögen von 1.35  l. Der neu geschaffene Löwe kann in seiner ursprünglichen Funktion als Wasserspender bei der Handwaschung bei den Veranstaltungen des französischen Projekts Fief et chevalerie zur Geschichtsdarstellung des 12. und 13. Jahrhunderts erlebt werden.

Literatur:

Mende, U. (2008) ‘Katalogbeitrag 52’, in M. Brandt (ed.) Bild & Bestie. Hildesheimer Bronzen der Stauferzeit. Schnell und Steiner, pp. 378--379.
Knesebeck, H.W. von dem (2008) ‘Zur Inszenierung und Bedeutung von Aquamnilien’, in M. Brandt (ed.) Bild & Bestie. Hildesheimer Bronzen der Stauferzeit. Schnell und Steiner.

Medieval bronze aquamanile in the form of a lion

Bild 1 von 7

Dies ist eine Neuschöpfung des mittelalterlichen bronzenen Löwenaquamaniles von Halberstadt. Das Original ist im Halberstädter Dommuseum. This is a lion aquamanile that was made after the medieval bronze aquamanile of Halberstadt. The original is in the Halberstädter Dommuseum.