Guss einer Bienenkorbglocke - archaeometallurgie.de | archaeometallurgie.de

Guss einer Bienenkorbglocke

Bastian Asmus

Am Wochenende  27./28. Juni 2015 werde ich im Campus Galli Projekt eine bronzene rekonstruierte mittelalterliche Bienenkorbglocke gießen. Das Ziel der Rekonstruktion ist der Guss einer funktionierenden Glocke, wobei nur authentische Arbeitstechniken zum Einsatz kommen. Dies gilt sowohl für die Herstellung des Glockenmodells, der Gussform, als auch für das Schmelzen und Gießen des Glockenmetalls.

Bienkorbgocke, auch Theophilusglocke genannt aus dem 11. Jahrhundert. Diese stammt aus Hachem.

Eine Bienenkorbglocke aus dem 11. Jahrhundert ist diese Bienenkorbglocke aus Hachen. Quelle: Verändertes Photo von Vincent Duseigne via Wikimedia Commons.

Das Campus Galli Projekt hat sich die Rekonstruktion des St. Gallener Klosterplans aus dem neunten Jahrhundert zum Ziel gemacht. Die drei Bienenkorbglocken die zunächst für eine Rekonstruktion in Frage kommen, sind die Glocken von Canino in Oberitalien, die Glocke aus Haithabu, sowie die Glocke von Hachen. Bei diesen Glocken handelt es sich um Glocken deren Form an einen Bienenkorb erinnert. Da die Technik des Glockengusses vom Benediktinermönch Theophilus Presbyter zu Beginn des 12. Jahrhunderts beschrieben wurde, werden diese Glocken auch Theophilusglocken genannt. Der Vergleich der Glocken mit der Beschreibung des Mönchs, lässt den Schluss zu, dass dieser eine lebendige Tradition beschrieb, die mindestens bis in das 9. Jahrhundert, vermutlich aber noch weiter, zurückreicht. Bemerkenswert sind z.B. die dreieckigen Löcher, die sich auch an der Glocke aus Hachen befinden, hier aber nur angedeutet sind. Theophilus war der Meinung, dass es sich dabei um Klanglöcher handele. Moderne Versuche von Hans Drescher haben ergeben, dass dies nicht der Fall ist, und die Löcher nicht zum Klang beitragen .

Theophilus beschreibt den Glockenguss im 85. Kapitel seiner schedula diversis artibus: de campanis fundendis . Zwischen der modernen, bzw. noch heute traditionellen und der mittelalterlichen Bienenkorbglocke bestehen einige Unterschiede. Neben dem Klang und der Form der Glocke, gibt es deutliche Unterschiede der Herstellungsweise. Eine moderne Glocke wird im Lehmhemdverfahren gegossen. Unterschied ist dabei das Modell der Glocke, das bei Theophilus aus Wachs, und heute aus Lehm, der sogenannten falschen Glocke besteht.

Kleine Drehlade anch Theophilus Presbyter. Eine große Drehlade wird verwendet um Bienenkorbglocken zu formen.

Kleine Drehlade nach Theophilus Presbyter aus dem 12. Jahrhundert. Eine große Drehlade wird verwendet um Bienenkorbglocken zu formen.

Die Herstellung der Bienenkorbglocke nach Theophilus besteht aus der Herstellung des Glockenkerns, dem Aufbau und Abdrehen des Glockenmodells aus Bienenwachs,  sowie dem Aufbau der Lehmform. Er beschreibt die Herstellung der Glocke auf einer horizontal gelagerten Drehlade. In der Abbildung rechts kann man eine kleine Drehlade sehen. Sie wird von Hand gedreht, obwohl die Drechselbank schon bekannt war. Die höheren Schnittgeschwindigkeiten der Drechselbank sind aber gar nicht notwendig.

Bienenkorbglocken

Gegenüberstellung der Glockenrippen: Bienekorbglocke und moderne Glocke

Die Glockenform der modernen und der mittelalterlichen Bienenkorbglocken unterscheiden sich deutlich. An der Rippe wird der Unterschied ersichtlich.

Die Form der Glocke wird als Bienenkorbglocke angesprochen, da diese an einen Bienenkorb erinnern. Die Glockenrippe unterscheidet sich erheblich von der einer moderneren Glocke und hat dementsprechend einen weniger klaren Ton. Das Schaubild verdeutlicht den Unterschied der Glockenrippen. Die Bienenkorbglocke verfügt über eine gleichmäßig starke Rippe und verfügt zunächst noch über keinen ausgeprägten Wolm.

Literatur

Stephan Möslein (2008) ‘Frühbronzezeitliche Depotfunde im Alpenvorland – neue Befunde’, in. Vorträge des 26. NIederbayerischen Archäologentages, Deggendorf, Rahden/Westfalen, pp. 109–130.
J.J. Butler (2002) ‘Ingots and Insights: Reflections on Rings and Ribs’, in Die Anfänge der Metallurgie in der alten Welt =: The beginnings of metallurgy in the old world. Rahden, Westf: Verlag Marie Leidorf (Forschungen zur Archäometrie und Altertumswissenschaft, Bd. 1), pp. 229–243.
‘Ingots and Insights: Reflections on RIngs and Ribs’ (no date) in, pp. 229–243.
Dines, I. (2010) ‘The Theophilus Manuscript Tradition Reconsidered in the Light of New Manuscript Discoveries’, in Mauiège, M. and Westerman-Angerhausen, H. (eds) Zwischen Kunsthandwerk und Kunst: Die Schedula diversarum artium. Berlin/Boston: de Gruyter, pp. 3–14.
Rossi, J.-B. de (1890) ‘Cloche, avec inscription dédicatoire, du VIIIe ou IXe siècle, trouvée à Canino’, Revue de l’art chrétien, (33), pp. 1–5. Available at: https://archive.org/details/revuedelartchr1890lill.
Drescher, H. (1961) ‘Zwei mittelalterliche Gießereien auf dem Gelände des ehemaligen Hamburger Doms’, Hammaburg, A. F. 8, pp. 107–132.
Drescher, H. (1968) ‘Mittelalterliche Bronzegrapen aus Lübeck’, Der Wagen. Ein lübeckisches Jahrbuch, pp. 164–171.
Drescher, H. (1982) ‘Zu den bronzenen Grapen des 12.-16. Jahrhunderts aus Nordwestdeuschland’, in Pohl-Weber, R. (ed.) Aus dem Alltag der Mittelalterlichen Stadt. Handbuch zur Sonderausstellung. Bremen, pp. 157–174.
Drescher, H. (1986) ‘Zum Guss von Bronze, Messing und Zinn “um 1200”’, Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters, Beiheft 4, pp. 389–405.
Drescher, H. (1987) ‘Ergänzende Bemerkungen zum Giessereifund von Bonn-Schwarzrheindorf’, in Janssen, W. (ed.) Eine mittelalterliche Metallgießerei in Bonn-Schwarzrheindorf. (Rheinische Ausgrabungen), pp. 201–227.
Drescher, H. (1992) ‘Glocken und Glockenguss im 11. und 12. Jahrhundert’, in Waurick, G. and Böhme, H. W. (eds) Das Reich der Salier 1024 - 1125 : Katalog zur Ausstellung des Landes Rheinland-Pfalz; [Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz, Speyer, vom 23. März bis 21. Juni 1992]. Sigmaringen: Thorbecke (Publikationen zur Ausstellung ‘Die Salier und Ihr Reich’ / Ausstellung Das Reich der Salier 1024 - 1125, 1992 Speyer), pp. 405–414.
Drescher, H. (1993) ‘Ein Kommentar zu: Gerhard Laub, Zum Nachweis von Rammelsberger Kupfer in Kunstgegenständen aus Goslar und in anderen Metallarbeiten des Mittelalters’, in Goslar Bergstadt - Kaiserstadt in Geschichte und Kunst, pp. 313–316.
Drescher, H. (1993) ‘Zur Herstellungstechnik mittelalterlicher Bronzen aus Goslar. Der Marktbrunnen, der neu gefundene Bronze Vogel, der Greif vom Kaiserhaus und der Kaiserstuhl’, in Goslar Bergstadt - Kaiserstadt in Geschichte und Kunst. Göttingen, pp. 251–301.
Drescher, H. (1993) ‘Zur Technik berwardinischer Silber- und Bronzegüsse’, in Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen: Katalog der Ausstellung, Hildesheim 1993. Band 1, pp. 337–351.
Drescher, H. (1995) ‘Gießformen früher Glocken aus Mainz’, Mainzer Zeitschrift, 90/91, pp. 183–225.
Drescher, H. (1999) ‘Die Glocken der karolingerzeitlichen Stiftdkirche bei Vreden, Kreis Ahaus’, in Stiegemann, C. and Wemhoff, M. (eds) 799, Kunst und Kultur der Karolingerzeit: Karl der Grosse und Papst Leo III. in Paderborn: Katalog der Ausstellung, Paderborn 1999. Mainz: P. von Zabern, pp. 356–364.
Janssen, W. (1987) ‘Eine mittelalterliche Metallgießerei in Bonn- Schwarzrheindorf. Mit Beiträgen von Hans Drescher, Christoph J. Raub und Josef Riederer.’, in Beiträge zur Archäologie des Rheinlandes. Rheinische Ausgrabungen. Köln, pp. 135–235.
Haiduck, H. (1997) ‘Die mittelalterliche Gussform eines Taufkessels aus der Kirche von Cappel (Kreis Cuxhaven)’, Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters, 25/26, pp. 87–105.
Sugaki, A. et al. (1981) ‘Hydrothermal synthesis of nukundamite and its crystal structure’, American Mineralogist, 66, pp. 398–402.
Suhling, L. (1997) ‘Kupfer- und Silberhütten in Buchillustrationen der frühen Neuzeit’, Berichte der Geologischen Bundesanstalt, 41, pp. 219–231.
Telle, R. and Thönnißen, M. (2006) ‘Prähistorische feuerfeste Werkstoffe und ihre Weiterentwicklung in keltischer und römischer Zeit’, Prähistorische feuerfeste Werkstoffe und ihre Weiterentwicklung in keltischer und römischer Zeit, 43(2), pp. 55–87.
Thies, H. (1993) ‘Goslar und die frühen niedersächsichen Gebäude’, in Goslar Bergstadt - Kaiserstadt in Geschichte und Kunst, pp. 95–113.
Tholl, S. (2001) ‘Macht und Pracht’, in Der Rammelsberg. Tausend Jahre Mensch – Natur – Technik. Band 2, pp. 302–315.
Thornton, C., Rehren, T. and Pigott, V. (2009) ‘The Production of Speiss (Iron Arsenide) during the Early Bronze Age in Iran’, Journal of Archaeological Science, 36(2), pp. 308–316.
Thornton, C. P. and Giardino, C. (2012) ‘Serge Cleuziou and the “Tin Problem”’, in Aux Marges de l’archeologie: Hommage a Serge Cleuziou. Paris: De Boccard, pp. 253–260.
Thornton, C. (2009) ‘The Emergence of Complex Metallurgy on the Iranian Plateau: Escaping the Levantine Paradigm’, Journal of World Prehistory, 22(3), pp. 301–327. doi: 10.1007/s10963-009-9019-1.
Thornton, C. P. (2007) ‘Of brass and bronze in prehistoric Southwest Asia’, in Metals and Mines. Studies in Archaeometallurgy, pp. 123–135.
Timberlake, S. (2002) ‘Medieval lead smelting boles near Penguelan, Cwmystwyth, Ceredigion’, Archaeology in Wales, 42, pp. 45–59.
Tong, K.-W. (1983) ‘Shang musical instruments (Teil 2)’, Asian Music, 15, pp. 103–184.
Toulmin, P. and Barton, P. B. (1964) ‘A thermodynamic study of pyrite and pyrrhotite’, Geochimica et Cosmochimica Acta, 28(5), pp. 641–671. doi: 10.1016/0016-7037(64)90083-3.
Tsemekhman, L. S. et al. (2002) ‘Modeling of Thermodynamic Properties and Fusion Diagrams of Ternary Oxosulfide Systems’, Russian Journal of Applied Chemistry, 75(2), pp. 186–190.
Ullwer, H. (2001) ‘Messingherstellung nach dem alten Galmeiverfahren’, Erzmetall, 54(6), pp. 319–326.
Ünsal Yalçin and H. Gönül Yalçin (2009) ‘Evidence for early use of tin at Tülintepe in eastern Anatolia’, TÜBA-AR, 12, pp. 123–142.
Ursula Mende (1984) ‘Romanische Giesslöwen in Nürnberg und Wien und ihre Zuordnung zur Magdeburger Giesshütte’, Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, pp. 7–12.
Valde-Nowak, P., Klappauf, L. and Linke, F. A. (2004) ‘Neolithische Besiedlung der Gebirgslandschaften: Fallstudie Harz’, Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte, 73, pp. 43–48.
Vályi, K. (1999) ‘Glockengußanlage und Bronzeschmelzöfen im Hof des Klosters von Szer vom Anfang des 13. Jahrhunderts’, Comunicationes archaeologicae Hungariae, pp. 143--169.
Verschiedene (1400) ‘Sammelhandschrift zur Kriegskunst’. Wien. Available at: http://www.onb.ac.at/sammlungen/hschrift/handschriften_benuetzung.htm (Accessed: 25 January 2018).
Wadsworth, J. and Lesuer, D. J. (2000) ‘The knives of J. Richtig as featured in Ripley-Yens Believe it or Not’, Materials Characterization, 45, pp. 315–326.
Wagner, G. A. et al. (1980) ‘Early Bronze Age lead-silver mining and metallurgy in the Aegean: the ancient workings on Siphnos’, in Craddock, P. T. (ed.) Scientific Studies in Early Mining and Extractive Metallurgy. London: British Museum, pp. 63–80.
Wallbrecht, P. C., Blachnik, R. and Mills, K. C. (1981) ‘The heat capacity and enthalpy of some Hume–Rothery phases formed by copper, silver and gold. Part I. Cu + Sb, Ag + Sb, Au + Sb, Au + Bi systems’, Thermochimica Acta, 45(2), pp. 189–198. doi: 10.1016/0040-6031(81)80143-8.
Walther, H. (1982) ‘Die varistische Lagerstättenbildung im westlichen Mitteleuropa’, Zeitschrift der Deustchen Gesellschaft für Geowissenschaften, 133, pp. 667–698.
Watkinson, D., Weber, L. and Anheuser, K. (2005) ‘Staining of archaeological glass form manganese-rich environments’, Archaeometry, 47(1), pp. 69–82.
Wattenbach, W. (1877) ‘Ekkehart (Chronist)’, in Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig: Duncker & Humblot (Allgemeine Deutsche Biographie), pp. 793–794. Available at: http://mdz10.bib-bvb.de/ db/bsb00008363/images/index.html?seite=795.
Wedepohl, K. H. and Baumann, A. (1997) ‘Isotope composition of medieval lead glasses reflecting early silver production in Central Europe’, Mineralium Deposita, 32, pp. 292–295.
Wedepohl, K. H., Delevaux, M. H. and Doe, B. R. (1978) ‘The potential source of lead in the Permian Kupferschiefer bed of Europe and some selected Paleozoic mineral deposits in the Federal Republic of Germany’, Contributions to Mineralogy and Petrology, 65(3), pp. 273–281. doi: 10.1007/BF00375513.
Weeks, L. R. et al. (2009) ‘Lead isotope analyses of Bronze Age copper-base artefacts from al-Midamman, Yemen: towards the identification of an indigenous metal production and exchange system in the southern Red Sea region’, Archaeometry, 51(4), pp. 576–597.
Weisgerber, G. (2006) ‘The mineral wealth of ancient Arabia and its use I: Copper mining and smelting at Feinan and Timna – comparison and evaluation of techniques, production, and strategies’, Arabian archaeology and epigraphy, 17, pp. 1–30.
Whitney, D. L. and Evans, B. W. (2010) ‘Abbreviations for names of rock-forming minerals’, American Mineralogist, 95, p. 185187. Available at: http://www.minsocam.org/MSA/AmMin/TOC/Abstracts/2010_Abstracts/Jan10_Abstracts/Whitney_p185_10.pdf.
Wertime, T. A. (1978) ‘The search for ancient tin: the geographic and historic boundaries’, in Franklin, A. D., Olin, J. S., and Wertime, T. A. (eds) The Search for Ancient Tin: A Seminar. Smithsonian Institution Press, pp. 1–6.
Wilfried Tittmann (1993) ‘Die Geschützdarstellung des Walter de Milèḿete von 1326/7’, Waffen- und Kostümkunde, 36, pp. 145–147. Available at: http://www.ruhr-uni-bochum.de/technikhist/tittmann/6%20Geschuetzdarstellungen.pdf.


3 Responses to “Guss einer Bienenkorbglocke”