Kurzdoku – Lieblingswerkzeug der Zapfenmacher?
Eine Konusreibahle für den Zapfenmacher
Die Zapfenmacher gehörten zu den Rotschmieden. Hier geht es um die recht einfache Frage, wie das konische Loch des Zapfhahns bearbeitet wurde. Obwohl man das natürlich komplett manuell machen kann, wie ich das in den Kurzdokus gezeigt hatte, ist es höchst unwahrscheinlich, dass dies beispielsweise bei den Nürnberger Rotschmieden oder Zapfenmachern auch tatsächlich so gemacht wurde. Denn das Einschleifen der Küken in den Hahn erfordert selbst bei guter Passgenauigkeit beim Guss einige Stunden. Selbstverständlich ist es nicht der zeitliche Aufwand, der mich veranlasst hat, das Einschleifen des Kükens genauer zu untersuchen. Es sind diese Abbildungen in den Nürnberger Hausbücher der Zwölfbrüderstiftung und in Christoph Weigels Ständebuch .
Zapfenmacher Hans Zeuller
Gut zu erkennen ist das Werkzeug mit dem Hans Zeuller die Innenseite des Zapfhahns bearbeitet. Es ist anzunehmen, dass es sich um eine Art konischer Reibahle handelt; also einem Werkzeug, das schabend und nicht schneidend arbeitet. Metalle sind sehr dicht und lassen sich schneidend kaum von Hand bearbeiten. Obwohl dies die älteste Abbildung ist, entspricht das Werkzeug im Wesentlichen dem Werkzeug, das auch in der jüngsten Abbildung bei Christoph Weigel dargestellt ist (siehe dort). Interessant ist die Farbe der Darstellung: es scheint sich nicht um Buntmetall zu handeln und auch nicht um Stahl, oder Eisen, wie die Farbgebung des Schraubstocks,der Sägen, Hämmer und Feilen nahelegt. Aber aus welchem Material ist es dann?
Das Bild enthält noch unzählige weitere spannende Details, wie z.B. die Feuerspritzen oder die Schröpfköpfe. Hierzu wird bald ein neuer Artikel zu lesen sein.
Zapfenmacher Georg Wehe
In diesem Bild sehen wir ebenfalls eine Konusreibahle, diese jedoch scheint aus Buntmetall gefertigt zu sein. Leider ist auch hier das Arbeitsende komplett im Hahn verborgen, so dass auch hier nicht geklärt werden kann, wie des Zapfenmachers Werkzeug aussah. Ebenso interessant ist, dass es sich hier wohl um einen reinen Zapfenmacher gehandelt haben muss. Es fehlen jegliche andere Gusserzeugnisse. Spiegelt sich in diesem Bild die extrem starke Spezialisierung der Nürnberger Handwerker in 17. Jahrhundert?
Der Zapfenmacher von Christoph Weigel
Im ausgehenden 17. Jahrhundert werden Zapfhahne offenbar noch immer nach dem gleichen Prinzip nachbearbeitet. Allerdings scheint es, als dass das Werkzeug hier auch für den Modellbau der Holzmodelle fungiert. Zudem scheint es, als ob die Zapfhahnküken aus zwei Teilen zusammengesetzt wurden. Im Vordergrund ist eine Molle zu erkennen, in denen die Kükenhandhaben, aber ohne Konus zu liegen scheinen. Die Handhaben weisen Löcher auf, die auf ein Zusammenfügen durch Vernietung hinweisen. Aber das ist eine andere Herstellungsweise und soll an dieser Stelle nicht vertieft werden.
Die Rekonstruktion der Konusreibahle
Es bleibt, wie so oft in der Archäologie, nur der Analogieschluss und der Bereich des technisch möglichen, um eine Rekonstruktion zu fertigen. Folgende Annahmen wurden gemacht:
- es handelt sich um ein schneidendes oder noch wahrscheinlicher um schabendes Werkzeug, nicht um ein schleifendes
- es befindet sich nur eine Schneide im Werkzeug um ein saubereren Schnitt zu erhalten
- der Corpus ist aus der gleichen Legierung wie die Zapfhähne -> konnte vom Handwerker selbst hergestellt werden
- die Schneide ist aus Kohlenstoffstahl -> ein anderes Material würde nicht funktionieren
- es gibt möglicherweise unterschiedliche Werkzeuge, siehe Abbildungen
Vor der Rekonstruktion wurde zunächst ein Prototyp mit modernem Werkzeug hergestellt, um die Ideen zu testen und diese Erkenntnisse in die Rekonstruktion einfließen zu lassen. Im Anschluss daran wurde das Werkzeug im Wachsausschmelzverfahren gegossen und eine Stahlklinge eingesetzt. Die Klinge wir mit kleinen Metallkeilen in einer Nut im Werkzeug fixiert.
Das Werkzeug funktioniert einwandfrei und der Innenkonus der Zapfhähne lässt sich nun hervorragend bearbeiten, so dass ein stundenlanges Einschleifen entfällt.- Das nenne ich Innovation!
Angewandte Archäometallurgie
In meinen vergangenen Beiträgen hat es sich immer wieder um die Zapfenmacher und Zapfhahne gedreht. Auch jetzt bin ich mit dem Thema noch nicht am Ende angekommen. Das Tolle an der angewandten Archäometallurgie ist es ja, das man immer noch tiefer gehen kann, um einen Herstellungsprozess verstehen; und nur so kann es gehen: Beobachtung – Recherche – Hypothese – praktische Erprobung – Analyse des Versuchs. Nun ja, man kennt das als erkenntnistheoretische Vorgehensweise und als solche typisch für die Geisteswissenschaften. Wirklich wichtig ist mir hierbei aber, dass mit mit der Überprüfung der Hypothese die angewandte oder praktische Arbeit erst beginnt. Erst die Ergebnisse und eine nachfolgende Synthese der Ergebnisse wird uns in der Archäologie der (Handwerks)Prozesse weiter bringen.
Literatur