Das älteste Kupfer der Welt - Kupferverhüttung | archaeometallurgie.de

Das älteste Kupfer der Welt

Bastian Asmus


Wer hat als erstes Kupfer verarbeitet? Wo kam das älteste Kupfer her? Wie kamen die Menschen zum Gebrauch des Kupfers? Seit wann ist Kupfer bekannt? Dies sind nur einige Fragen die man sich stellt wenn man sich über die Ursprünge der Metallnutzung Gedanken macht. Aufgabe der Archäologie, und hier im speziellen die der Archäometallurgie ist es, mögliche Antworten auf diese Fragen zu finden. Die Schnellantwort ist:

Neolithiker aus Anatolien, die bereits vor mehr als 10000 Jahren(!) natürlich vorkommendes Kupfer aufgesammelt haben.

Wenn sie mehr wissen möchten lesen Sie hier weiter…

Karte mit Fundplätzen mit dem ältesten Kupfer der Welt.

Die Karte zeigt einige neolithische Siedlungen in denen früher Kupfergebrauch nachgewiesen ist. Die älteste bekannte Siedlung Anatoliens ist Hallan Çemi, von der bereits Nachweise für aufgesammelte Malachitfragmente um 9500 v. Chr. vorliegen. Die ältesten Malachit- und Kupferobjekte sind Perlen und stammen aus Çayönü Tepesi. Karte erstellt mit GMT.

Das älteste Kupfer

Das älteste vom Menschen verwendete Kupfer stammt derzeit aus Anatolien, genau genommen aus den präkeramischen neolithischen Siedlungen Çayönü Tepesi und Aşıklı Höyük. Die ältesten Kupferobjekte stammen aus dem präkeramischen Neolithikum B (PPNB). Es handelt sich um Perlen aus gediegenem Kupfer. Auch in der wohl bekantesten anatolischen Siedlung Çatal Höyük fanden sich Perlen aus gediegenem Kupfer aus dem 8. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung . Leider gibt es derzeit keine gemeinfreien Abbildungen der Perlen und ich hatte bisher nicht die Gelegenheit eigene Aufnahmen zu machen. Çayönu Tepesi und Aşıklı Höyük gehören zu den ersten festen und dauerhaften Siedlungen der Menschheit. Sie sind im Gesamtzusammenhang der Entwicklung einer neuen Wirtschaftsweise zu sehen: Die Menschen beginnen sesshaft zu werden, Pflanzen zu kultivieren und Tiere zu halten.

Was ist gediegenes Kupfer und wie wurde es bearbeitet?

Gediegenes Kupfer kommt in seiner elementaren, metallischen Form vor und konnte direkt bearbeitet werden. Gediegenes Kupfer wurde durch Hämmern und Schleifen in Form gebracht, weshalb man nicht von einem Technologiewechsel im Neolithikum sprechen kann.  Man könnte das Kupfer in diesem Zusammenhang eher als biegsamen Stein bezeichnen.  Neben der Kaltverformung des Kupfers, lässt sich aber auch schon von Anbeginn wärmebehandelt wurden: Die Perlen von Aşıklı Höyük weisen im Schliffbild Rekristallisationszwillinge auf, die nur durch Glühen des Metalls entstehen können . Bis etwa 5000 v. Chr. lassen sich in Anatolien nur Funde aus gediegenem Kupfer  nachweisen. Es ist durchaus anzunehmen, dass bei diesem Arbeitsschritt das Schmelzen des Kupfers entdeckt wurde.

Wo oder wie haben die Menschen gediegenes Kupfer gefunden?

Bereits den Menschen des Epipaläololithikums blieben Erzgänge nicht verborgen. Das zeigen Malachitbrocken die bereits im 11. und 10. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung gefunden wurden , die ein gezieltes Sammeln dieser Ressource belegen. Vom Menschen aufgesammelte Malachitfragmente  wurden in den nordirakischen Höhle Shanidar, und der ganz in der Nähe liegenden Siedlung Zawi Chemi gefunden . Im nachfolgenden präkeramischen Neolithikum A fanden sich Malachitbruchstücke in Hallam Çemi und in Çayönu Tepesi .  In den Erzgängen des Taurus- und Zagrosgebirges befinden sich etliche Kupfererzgänge mit Vorkommen von gediegen Kupfer und verwitterten Erzen wir Malachit und/oder Azurit, um nur die farbenprächtigsten Erze zu nennen. Am sogenannten eisernen Hut der Erzgänge ließ sich aber auch gediegenes Kupfer finden.
Shanidar Höhle im Niordirak

Shanidar Höhle in den Ausläufern des Zagrosgebirges, Nordirak. Fundort der ältesten nachgewiesenen vom Menschen aufgesammelten Malachitstücke. Bildquelle: wikimedia commons.

Beginn der extraktiven Metallurgie

Der Beginn der extraktiven Metallurgie, oder der Verhüttung fand, nach jetzigem Wissensstand, im Zeitraum zwischen 5000 und 6000 v. Chr. statt. Mit dem Zeithorizont der Vinča Kultur (5400-4500 v. Chr.) bietet Serbien momentan den ältesten Nachweis für Kupferverhüttung , obgleich es im gleichen Zeithorizont aus Anatolien ebenfalls einige Hinweise gibt. Für Anatolien und angrenzende Gebiete sind ebenfalls ähnlich alte oder noch ältere Nachweise der Kupferverhüttung zu erwarten. Hier werden sich zweifellos noch einige neue Erkenntnisse ergeben, sobald entsprechende Forschungen vorangetrieben werden.

Das älteste verhüttete Kupfer.

Die Karte zeigt die Fundorte und Bergwerke der ältesten Kupfermetallurgie: Rudna Glava, Jarmovac und Ai Bunar, sowie Pločnik und Belovode als Fundplätze mit der derzeit ältesten nachgewiesenen Kupferverhüttung weltweit. Vinča Gebiet nach Chapman (1981). Karte erstellt mit GMT.

Über die Entstehung der extraktiven Metallurgie wird nach wie vor durchaus kontrovers diskutiert. In den 60er Jahren ging schlug Wertime vor dass die Entdeckung der Entwicklung der Vehüttung von Metalle eine derartige Leistung sei, die nur ein einziges Mal in der Menschheitsgeschichte stattgefunden haben könne, und sich die Idee langsam aus dieser Region über die alte Welt ausbreitete. Colin Renfrew plädierte hingegen für ein Modell nach dem sich die Metallurgie an mehreren Orten der Welt eigenständig entwickelte. Zu Beginn der Achtziger Jahre kamen weitere Interpretationsansätze hinzu, nämlich dass die Entwicklung der Metallurgie durch regionale naturräumliche Voraussetzungen determiniert sei . Das Verdienst von Cyril Stanley Smith  ist es die Debatte, die bis dato von technologisch – geologischen Gesichtspunkten dominiert war, eine sozio-kulturelle Dimension hinzuzufügen, und  den Menschen als aktiven Gestalter hinter die Entwicklung der Metallurgie zu stellen (Roberts, Thornton & Pigott 2009) :

„People did not need copper tools, they wanted copper tools“

Heute, 50 Jahre später hat sich an diesen grundlegenden Ideen nichts verändert, jedoch ist die Datengrundlage um ein Vielfaches besser, und die Modelle sind weniger schwarz-weiß sondern erheblich differenzierter (siehe z.B. Roberts, Thornton & Pigott 2009). Festzuhalten ist, dass Menschen den Wunsch hatten, sich mit farbigen Pigmenten oder persönlichen Schmuckstücken im Leben, aber  auch im Tod zu schmücken. Der Gebrauch von farbigen Mineralien für die verschiedensten Zwecke begann etliche Jahrtausende früher; man denke beispielsweise an die Felsmalereien in Frankreich oder die extrem frühe Ockerverarbeitung in der Blombos Höhle in Südafrika .

In Anatolien begannen die Menschen jedoch farbige Pigmente, wie Malachit und Azurit zu suchen und zu sammeln, die aufgrund ihrer Genese und ihrer chemischen Zusammensetzung erheblich seltener vorkommen als Eisenverbindungen wie Ocker. Die Entwicklung der Metallurgie war demzufolge vom Wunsch der Menschen nach grünen, blauen und kupfernen Objekten angestoßen, aber nur die naturräumlichen Voraussetzungen machten es möglich dass dies auch geschah. Es ist sehr wahrscheinlich dass wir es hier mit einer einmaligen Entdeckung der Metallurgie im östlichen Mittelmeerraum zu tun haben, und sich diese Objekte und Ideen mit von einer Menschengruppe zur nächsten weiter verbreitete.

Die ältesten Bergwerke – das älteste verhüttete Kupfer

Derzeit ist das älteste nachgewiesene verhüttete Kupfer in Serbien nachgewiesen. Die Fundstellen Pločnik, Belovode und Jarmovac haben zahlreiche der Belege für die gesamte Prozesskette vom Erz zum Objekt geliefert: Neben Malachitperlen haben die Ausgräber auch Kupferfunde, sowie Kupferverhüttungsschlacke zu Tage gefördert (Radivojević et al 2010). Es handelt sich dabei um die Verhütung sog. oxidischer Erze, also in erster Linie Malachit. Ich wurde von meiner Kollegin Miljana Radivojević eingeladen, in Zusammenarbeit mit einem internationalen Team die archäometallurgischen Experimente in Pločnik aktiv mit zu gestalten. Hierbei wurden die verschiedene Installationen und Parameter der chalkolithischen Kupferverhüttung untersucht. Ziel der Versuche ist es die Verhüttungstechnologie zu rekonstruieren. Die Versuche dieser ersten Kampgane werden derzeit am University College London archäometrisch ausgewertet, und sollen im nächsten Jahr fortgesetzt werden.

Blasrohre

Blasrohre als Luftzufuhr bei der Verhüttung von oxidischen Kupfererzen (Malachit) aus Rudna Glava und Ždrelo. Photo: © Rise of Metallurgy Project 2013. Photograph: Silvia Amicone.

Blasrohre

Blasrohre als Luftzufuhr bei der Verhüttung von oxidischen Kupfererzen (Malachit) aus Rudna Glava und Ždrelo. Photo: © Rise of Metallurgy Project 2013. Photograph: Silvia Amicone.

Neben Blasrohren wurden auch einfache Taschenblasebälge für die Luftzufuhr verwendet. Wir haben erfolgreich Kupfer verhüttet und eine ganze Reihe von Parametern getestet. Sowie die Ergebnisse  vorliegen werde ich in einem weiteren Beitrag davon berichten.

 Literatur

Yalçin, Ü. (2000) ‘Frühchalkolithische Metallfunde von Mersin-Yukumtepe: Beginn der extraktiven Metallurgie?’, TÜBA-AR, 3, pp. 109–128.
Renfrew, C. (1969) ‘The autonomy of the south-east European Copper Age’, Proceedings of the Prehistoric Society, 35, pp. 12--47.
Birch, T., Rehren, T. and Pernicka, E. (2013) ‘The metallic finds from Çatalhöyük: a review and preliminary new work (Birch et al 2013)’, in I. Hoder (ed.) Substantive Technologies at Catalhöyük.
Wertime, T.A. (1973) ‘The Beginnings of Metallurgy: A New Look Arguments over diffusion and independent invention ignore the complex metallurgic crafts leading to iron’, Science, 182(4115), pp. 875–887. Available at: https://doi.org/10.1126/science.182.4115.875.
Wertime, T.A. (1964) ‘Man’s First Encounters With Metallurgy Man’s discovery of ores and metals helped to shape his sense of science, technology, and history’, Science, 146(3649), pp. 1257–1267. Available at: https://doi.org/10.1126/science.146.3649.1257.
Smith, C.S. (1981) ‘On art, invention, and technology’, in A search for structure. Cambridge, Mass. [u.a.]: MIT Pr. (selected essays on science, art, and history), pp. 325--331.
Charles, J.A. (1980) ‘The coming of copper and copper-based alloys and iron: a metallurgical sequence.’, in T.A. Wertime and J.D. Muhly (eds) The Coming of the age of iron. New Haven: Yale University Press, pp. 151--182.
Özdoğan, M. and Özdoğan, A. (1999) ‘Archaeological evidence on the early metallurgy at Çayönü tepesi’, in The beginnings of metallurgy: proceedings of the International Conference ‘The Beginnings of Metallurgy’, Bochum, 1995. Bochum: Deutsches Bergbau-Museum.
Chapman, J. (1981) The Vinča culture of South-East Europe: studies in chronology, economy and casiety. British Archaeological Reports.
Radivojević, M. et al. (2010) ‘On the origins of extractive metallurgy: new evidence from Europe’, Journal of Archaeological Science, 37, pp. 2775--2787.


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