Archäometallurgie | archaeometallurgie.de
Sep 23 2015

Glockenguss, die zweite

Bastian Asmus
Für den Glockenguss in der Karolongerzeit wurde ein Wachsmodell der Bienkorbglocke benötigt.

Das fast fertige Wachsmodell einer Bienenkorbglocke. Darunter ist noch der Kern der Glockengussform erkennbar. Die umlaufende Nut verbessert den Halt des äußeren Formlehmmantels

Auf dem Campus Galli führe ich einen archäometallurgischen Versuch durch: Es soll eine karolingische Bienenkorbglocke mit der Technik des 9. Jahrhunderts zu gegossen werden. Dies ist bereits der dritte Teil meines Erfahrungsberichts…

Der Aufbau des Wachsmodells für den Glockenguss

Wie ist das Wachsmodell der Bienenkorbglocke entstanden? Begonnen habe ich mit dem Kern, den ich im Juni hergestellt hatte, und der nun 10 Wochen Zeit hatte zu trocknen. Nach dem Aufbau der Drehspindel, wurde zunächst das Bienenwachs erwärmt und zu gleichmäßig starken Platten ausgerollt. Hierzu habe ich mir nach  Theophilus Anweisungen aus einem Holzbrett, einem runden Holz und zwei Leisten ein Werkzeug gemacht , das es mir erlaubt gleichmäßig starke Platten aus zu rollen:

Glockenguss: Ein Werkzeug um gleichmäßig starke Wachsplatten zu machen.

Nicht in seinem Kapitel zum Glockenguss, sondern im Kapitel zur Herstellung des gegossenen Rauchfasses erteilt Theophilus Anweisungen, wie man sich ein Werkzeug zum Ausrollen gleichmäßig starker Wachsplatten macht.

Glockenguss: Zuschneiden der Bienenwachsplatten für das Wachsmodell der Bienenkorbglocke.

Abschneiden der ungeraden Wachs-ränder. Die Platten des Wachsmodells für den Glockenguss lassen sich dann schöner aneinander fügen.

Glockenguss: Wachsmodell in der Herstellung

Rechts zu sehen sind die einzelnen Wachsplatten aus denen das Wachsmodell der Bienenkorbglocke modelliert wird.

Im Falle unserer Bienenkorbglocke sind dies gut 6,5 mm starke Leisten, so dass die Wandstärke der Glocke nach dem Modellieren etwas unter 6 mm betragen wird. Die ausgerollten Platten wurden im noch warmen Zustand auf den Lehmkern aufgebracht und ordentlich angedrückt. Erstaunlich sind hierbei zwei Dinge. Erstens, lässt sich das am Feuer aufgewärmte Wachs sehr gut dünner walzen, und zweitens haftet das warme Wachs mühelos am trockenen Lehmkern. Schneidet man die Kanten des gewalzten Wachses gerade, lassen sich die Platten mühelos miteinander verbinden. Mit einem heißen Eisen wurden die Nähte verschweißt. Das Werkzeug das hierbei zur Anwendung kam wurde von Johannes dem Campus Galli Schmied angefertigt und erledigte seine Aufgabe in hervorragender Weise. Continue reading


Jun 5 2015

Guss einer Bienenkorbglocke

Bastian Asmus

Am Wochenende  27./28. Juni 2015 werde ich im Campus Galli Projekt eine bronzene rekonstruierte mittelalterliche Bienenkorbglocke gießen. Das Ziel der Rekonstruktion ist der Guss einer funktionierenden Glocke, wobei nur authentische Arbeitstechniken zum Einsatz kommen. Dies gilt sowohl für die Herstellung des Glockenmodells, der Gussform, als auch für das Schmelzen und Gießen des Glockenmetalls.

Bienkorbgocke, auch Theophilusglocke genannt aus dem 11. Jahrhundert. Diese stammt aus Hachem.

Eine Bienenkorbglocke aus dem 11. Jahrhundert ist diese Bienenkorbglocke aus Hachen. Quelle: Verändertes Photo von Vincent Duseigne via Wikimedia Commons.

Das Campus Galli Projekt hat sich die Rekonstruktion des St. Gallener Klosterplans aus dem neunten Jahrhundert zum Ziel gemacht. Die drei Bienenkorbglocken die zunächst für eine Rekonstruktion in Frage kommen, sind die Glocken von Canino in Oberitalien, die Glocke aus Haithabu, sowie die Glocke von Hachen. Bei diesen Glocken handelt es sich um Glocken deren Form an einen Bienenkorb erinnert. Da die Technik des Glockengusses vom Benediktinermönch Theophilus Presbyter zu Beginn des 12. Jahrhunderts beschrieben wurde, werden diese Glocken auch Theophilusglocken genannt. Der Vergleich der Glocken mit der Beschreibung des Mönchs, lässt den Schluss zu, dass dieser eine lebendige Tradition beschrieb, die mindestens bis in das 9. Jahrhundert, vermutlich aber noch weiter, zurückreicht. Bemerkenswert sind z.B. die dreieckigen Löcher, die sich auch an der Glocke aus Hachen befinden, hier aber nur angedeutet sind. Theophilus war der Meinung, dass es sich dabei um Klanglöcher handele. Moderne Versuche von Hans Drescher haben ergeben, dass dies nicht der Fall ist, und die Löcher nicht zum Klang beitragen . Continue reading


Jan 9 2015

Mikroskopie: Maßstab automatisch einfügen

Bastian Asmus

EPIPOL16QRWer kennt das nicht: Man hat jede Menge Mikrofotos geschossen und stellt später fest, dass man bei einigen Bildern die Maßstabsangabe vergessen hat! Das ist natürlich bei genau den Fotos passiert, die man sich für einen Vortrag oder eine Publikation ausgesucht hat. Ich träume schon lange von einem automatisierten System das solche Fehler verhindert, ganz so wie es bei den neueren Mikroskopen der Fall ist. Für ältere Mikroskope funktioniert das aber nicht, da die Kamera nicht mit dem Mikroskop kommuniziert. Dies, oder man hat sich eine eigene Kameraadaption hergestellt und möchte weiter mit seinem Remote Capture Programm arbeiten, an das man sich schon gewöhnt hat.

Der Artikel beschreibt zuerst welche Dinge man benötigt, welche Informationen auf welche Weise weiter gegeben werden müssen,  und stellt dann ein kleines Skript vor, dass die Aufgabe übernimmt, diese Daten in die Metadaten des gerade aufgenommen Bildes zu schreiben. Die so gewonnen Bilder können mit diesem Skript, das hier vorgestellt wird einen Massstab automatisch einfügen.

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Nov 8 2014

Metadaten und Archäologie: Von Funden, Photos und QR Codes – Teil 2

Bastian Asmus

In diesem zweiten Teil dreht sich alles ums Automatisieren. Es geht es darum unseren Photos automatisch Metadaten hinzu zu fügen. Ich nutze derzeit darktable um meine Kamera vom Computer aus fern zu steuern, digikam um meine Photos zu verwalten, und zwei kleine Bash Skripte, die dafür sorgen, dass die QR Codes ausgelesen und in die Metadaten des Photos geschrieben werden. Die Software, die dafür benötigt wird lässt sich bei Ubuntu aus den Paketquellen installieren. Wir benötigen: Continue reading


Okt 28 2014

Metadaten für die Archäologie: Von Funden, Photos und QR Codes – Teil 1

Bastian Asmus

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Wäre es nicht toll, wenn man die Metadaten schon während des Photographierens in die Bilder schreiben könnte, und nicht erst hinterher bei der Nachbearbeitung? In diesem zweiteiligen Beitrag stelle ich vor, wie man mit Hilfe von QR Codes und Tethered shooting, ausgewählte Metadaten, automatisiert in die Bilddateien schreiben kann. Dies spart viel Zeit, z.B. bei der archäologischen Fundbearbeitung und Dokumentation. Der erste Teil behandelt die manuelle Erstellung von QR Codes, der zweite Teil eine Skript basierte Lösung.- Continue reading


Aug 25 2014

Guss eines mittelalterlichen Aquamaniles

Bastian Asmus

Seit längerem beschäftige ich mich mittelalterlicher Gusstechnologie, und der Guss eines mittelalterlichen Aquamaniles in originaler Technik stand schon lange an. Vor über einem Jahr habe ich den Halberstädter Aquamanilen in originaler Technik modelliert. Gestützt wird das auf die Aufzeichnungen des Bendiktinermönchs Theophlius Presbyter. In seinem Manuskript, der  schedula diversarum artium beschreibt Theophilus im 61. Kapitel die Herstellung eines gegossenen Rauchfasses.  Die Beschreibung ist derart genau, dass einem in den Gießkünsten bewandertem Handwerker vor keine Schwierigkeiten stellt jegliche Plastik in dieser Technik auszuführen. Neben der Schriftquelle zum Guss von hohlen Gegenständen kamen mir die Ergebnisse der Untersuchungen zu Gute, die ich in den letzten drei Jahren an mittelalterlichen  Gussformresten und Tiegeln aus Dinant und Namur in Belgien durchgeführt habe.

Rekonstruktion einer mittelalterlichen Lehmform eines Löwenaquamaniles.

Lehmform eines Löwenaquamaniles. Die Lehmform entspricht in ihrem Aufbau und ihrer Zusammensetzung der mittelalterlicher Gussformen.

Guss eines mittelalterlichen Aquamaniles

Die Form wurde  drei Tage vor dem Guss aus Formlehm aufgebaut und über heißen Holzkohlen ausgeschmolzen. Danach wurde die Form im Holzkohlenfeuer gebrannt. Auch hierzu können wir uns auf Theophilus verlassen:  Die Form wird mit Holzkohle bedeckt und diese werden entzündet, sobald die Form unter den glühenden Holzkohlen sichtbar wird wird neue Holzkohle aufgelegt. Das Ganze wird dreimal wiederholt . Der Anschnitt ist denkbar einfach über die Füße ausgeführt. Alle vier Füße sind offen und wurden um einige Zentimeter verlängert. Aus diesem Grund wird die Form kopfüber aufgestellt um gegossen zu werden. Die Legierung für den Guss ist eine Vierstofflegierung aus Kupfer, Zink, Zinn und Blei, CuZn13Sn8Pb2, und wurde für diesen Aquamanilen legiert. Es handelt sich also um einen bleihaltigen Rotguss.

References

Brepohl, E. (1999). Theophilus Presbyter und das mittelalterliche Kunsthandwerk. Band 2 Goldschmiedekunst. Böhlau.
Hawthorne, J. G., & Smith, C. S. (1979). Theophilus: On divers arts : the foremost medieval treatise on painting, glassmaking and metalwork / Theophilus / translated from the Latin with introduction and notes by John G. Hawthorne and Cyril Stanley Smith. Dover.